Mater Dolorosa

Hinter den unscheinbaren Wohnhäusern der Straßenfront Greifswalder Straße 17-19, Berlin-Prenzlauer Berg, verbirgt sich das ehemalige Katharinenstift der Dominikanerinnen mit einer bedeutsamen Geschichte, seit 1995 „Katholisches Schulzentrum Edith Stein“. Zu dem denkmalgeschützten neugotischen Klosterkomplex aus dem Jahre 1896 gehört auch die ehemalige Hauskapelle („Mater dolorosa“) der Schwestern, welche die damalig Gemeinde St. Gertrud als Pfarrkirche nutzen durfte. Mit ihren wohlproportionierten Bauformen, der reizvollen Giebelfront und dem malerischen Wechsel von Ziegeln und hellen Putzflächen fügt sich die Kirche in das großzügige Ensemble ein und bildet seine bauliche und geistige Mitte. Niemand Geringeres als der Regierungsbaumeister August Menken (1859-1903), der auch die große neuromanische Johannes-Basilika gebaut hat, hat diese Anlage geplant.

Der Innenraum des Gotteshauses ist schlicht, eine einschiffige Halle mit hohem eingezogenem Chor und holzverschalter Tonnendecke, umlaufend eine Holzempore mit neugotischer Maßwerkbrüstung. 1963 wurde der Raum liturgisch umgestaltet, die große „Pieta“ aus der Erbauungszeit, die einst im Hochaltar stand, ist erhalten und heute auf der Orgelempore abgestellt. Seit 1983 sehen wir in der Kirche die Kopie der Pieta im Erfurter Dom, außerdem seit 2004 die Statue der Madonna von Fatima (die Kapelle ist mittlerweile Heimat der portugiesich sprechenden Gemeinde in Berlin). Davor stand an dieser Stelle seit 1994 eine hl. Gertrud aus hellem Lindenholz von Franz Senoner (Grödnertal; verkleinerte Kopie der Silberstatuette der hl. Gertrud in Nivelles).

Sehr zu beneiden ist die Kirche allerdings für ihre wohl erhaltenen farbigen Glasfenster aus der Erbauungszeit: Christus als Freund der Kinder, das Letzte Abendmahl und – besonders schön – das Gastmahl im Hause des Simon. Die Fenster wurden von der berühmten Franz Mayerschen Hofkunstanstalt in München geschaffen. Das Unternehmen war auf komplette Kirchenausstattungen spezialisiert, besonders die Abteilung für Glasmalerei (seit 1868) hatte einen legendären Ruf in der ganzen Welt. Unter Papst Leo XIII. wurde sie 1892 zum „Institut des Heiligen Apostolischen Stuhles“ ernannt und 1905 erfolgte der Auftrag für das Heiliggeist-Fenster im Petersdom. Die Fenster der Mayerschen Hofkunstanstalt sind seit je her berühmt für ihre malerische bildhafte Wirkung und die sensationelle Leuchtkraft, die in komplizierten technischen Arbeitsschritten hergestellt wurden. Die fast orientalisch anmutende Farbigkeit der Fenster in dieser Kirche, ihre mystische Kraft muss jeden beeindrucken. Wie kostbare Juwelen funkeln die farbigen Scheiben aus der dunklen Mauer heraus und durchlichten die Materie – eine der typischen Überraschungen in einer Berliner „Hofkirche“.

Christine Goetz

April 2004

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